Tag 41

Es ist so wie gedacht: Die Stadt ist (fast) voll, wie immer. In den engen Gassen, in denen jetzt wieder viele Geschäfte auf haben, ist es nahezu unmöglich, den notwendigen Abstand einzuhalten. Was also die Geschäfte und die Betriebsamkeit angeht, ist Lüneburg wieder in der erhofften Normalität angelangt. Ob es die "richtige" Normalität hingegen ist, bleibt noch offen. Und der "Geisterstadt-Effekt" ist damit auch erledigt (man kann ihn übrigens rekonstruieren, in dem man an einem normalen Sonntag durch die Innenstadt läuft und denkt, es wäre Samstag).

Lüneburg Innenstadt - Marktplatz 25.04.2020 / 12.20 Uhr

Nun, ich möchte mich nicht beschweren. Ich war selber in der Stadt auf dem Markt und fand es toll. ich traf mich mit Torsten auf einen "Distanz-Stehkaffee" vor dem Fenster der Sparkasse (sehr trendy) und - wie eigentlich jeden Samstag Vormittag - natürlich auch Kati und Martin (fast schon magisch, dass wir uns da jeden Samstag treffen). Wenn nicht die Klarsichtfolien-Sperren in den Geschäften wären und die Lokale nicht nach wie vor geschlossen hätten, dann könnte man fast meinen, es wäre ein "normaler" Samstag (auch wenn die langsam doch etwas mehr werdenden Masken davon noch ablenken). Ich warf auch einen kurzen Blick in "Karstadt" rein. Aber das war mir zu "unheimlich". Man bekam einen Handwagenkorb in die Hand gedrückt und musste sich dann einreihen. Wenn man dran kam, konnte man einem Mitarbeiter/in sagen, was man wollte und der holte es dann - wenn man das wollte. Aber der Geschäftsbereich war ohnehin nur bis zu den Büchern begehbar ("nur bis 800 Quadratmeter") und dahinter alles abgesperrt und auch ansonsten seltsam dunkel - kaum beleuchtet. Ein paar Hinweise auf dem Boden ("Hier anstellen und Abstand halten") und das war es - das war nichts für mich. Aber ich brauchte ja auch nichts und verließ das Gebäude ganz schnell wieder. Etwas anders im Buchladen. Da war alles "normal", bis auf die junge Dame am Eingang, die mit einem Strichlisten-Zettel die herein- und herausgehenden zählte (das hatten die bei "Hornbach" Mitte März pfiffiger gelöst).

Am Sande 25.04.2020 - um 10.28 Uhr

Am Sande

Heiligengeiststraße - 25.04.2020 - 10.25 Uhr

An der Münze - 25.04.2020 - 12.00 Uhr

Am Ochsenmarkt - gegen 12.34 Uhr

Buchladen - nach über 6 Wochen das erste mal wieder Bücher geguckt

P+C - so ähnlich hat das auch "Karstadt" gelöst

Soweit also schon alles wieder normal. Ab Montag dann mit genereller Maskenpflicht und natürlich der Aufforderung nach "Distanz" - was wie gesagt in den engen Gassen nicht ganz einfach ist.  Ach: Und zum Thema "Entscheidungs-Roulette, gibt es auch was neues zur Frage "Schüler und Masken" - Berlin will jetzt doch die Maskenpflicht für Schüler einführen (https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/bildungsministerin-will-masken-pflicht-fuer-schueler-li.81994). Warum hätte es mich überrascht, wenn es nicht so kommen würde?

Aber immerhin: Im Saarland soll es für jeden Bürger kostenlose Masken geben (https://www.bild.de/politik/inland/politik-inland/einzigartige-aktion-im-saarland-jeder-buerger-bekommt-fuenf-masken-kostenlos-70267104.bild.html)
Naja, ist ja auch ein mengenmäßig überschaubares Bundesland.

Also ist das jetzt das Ende der Krise?

Dieser von Christina gefundene Artikel sieht das definitiv NICHT so: WEB.DE News: Kritik an "Lockerungsdränglern" - schmerzhafter Rückschlag befürchtet.

Hihihi

Und warum dieses Bild von Donald Duck? Weil der Mann allen Ernstes gestern empfohlen hat, dass die Menschen sich zum Schutz vor Covid-19 doch gleich "Desinfektionsmittel" selbst einspritzen könnten. Später wurde das vom Weißen Haus als "Ironie" des Präsidenten erklärt. Was jetzt natürlich kein Mensch mehr glaubt. Dem doch nicht. Also, ich warte jetzt nur darauf, dass in USA die ersten Toten auftauchen, die sich Domestos injiziert haben und leider jämmerlich krepiert sind. Denn ihr "König" hat es ja geraten...

In der LZ war heute das vorherrschende Thema die (teilweise) Schulöffnung am kommenden Montag. Tenor: Die Lehrer freuen sich, aber niemand kann genau sagen, wie man die Hygieneregeln einhalten kann. Vor allem die Abstandregeln könnten interessant werden, bei Kindern und Jugendlichen, die sich teilweise Wochen nicht gesehen haben.

LZ 25.04.2020

Für Christina beginnt morgen dann auch die zweite Runde in der Notfallbetreuung. Auf ihre Klasse wird sie noch etwas warten müssen. Aber wenn alles klappt, könnte heute eine erste Videokonferenz mit den Schülern (die teilnehmen können) stattfinden.

Um mal wieder etwas zu spekulieren, was "nach Corona" so passieren wird: Das Virus "wird die Spielregeln unserer zukünftigen Gesellschaft verändern" (so vage nachzitiert eine These heute im "Blickpunkt" der LZ). Im Positiven haben wir darüber ja schon mehrfach diskutiert. Das wäre zum Beispiel die nun zwingend losgehende Digitalisierung unserer Gesellschaft, ganz besonders in den Schulen, die gerade dieses Wochenende in den Social Medias wieder viel Schelte abbekommen haben für etwas, für das sie gar nichts können. Allein Rezo hat hier das Versagen der Kultusministerriege mal vorneweg gestellt. Also das wird wohl passieren.

Aber dabei zeichnet sich schon jetzt ab, dass wir dabei nicht alle mitnehmen werden. Schon letzte Woche hat sich bei Christinas Umfrage bei ihren Eltern ergeben, dass nicht alle von den gleichen technischen Grundlagen ausgehen. Mal fehlt es am Drucker, mal am PC und manchmal an beidem, und die Bandbreite (danach wurde vermutlich gar nicht gefragt) ist auch durchaus unterschiedlich vorhanden. Und dann dürfte es bundesweit auch sicherlich sehr unterschiedliche Kenntnisstände über den Umgang mit den neuen Medien geben. Auch hier sind wir ganz sicher (zumindest ab einem bestimmten Alter aufwärts) noch auf niedrigen Entwicklungsniveau (Den "Witz" - ich hoffe jedenfalls, es war einer -  von Martin letzte Woche, über die Frau, die nicht wusste, was eine "H O M E P A G E" - das Wort bitte mal versuchen auf Deutsch auszusprechen - sei, kann man gar nicht schreiben, sondern nur lautmalerisch erzählen. Aber er ist ein Synonym für die fachlichen Unterschiede im Umgang mit diesen Notwendigkeiten in unserer Gesellschaft. Von den vielen Lehrern - nicht Christina! - die sich aus Angst vor Versagen und Unkenntnis nicht mit diesem Thema beschäftigen wollen, möchte ich noch gar nicht reden).

Und Ausbildung ist dabei auch ein Indikator für den wirtschaftlichen Standard eines Menschen. Menschen aus prekären Situationen mit vielen Jobs, um die Familie durchzubringen, haben vielleicht keinen Kopf für die Einarbeitung in die neuen Medien (für ihre Kinder zum Beispiel) und vielleicht auch nicht die Voraussetzungen in ihrer beruflichen Entwicklung (um das mal vorsichtig zu formulieren). Schon jetzt zeigen sich die dramatischen Unterschiede in der Wahrnehmung der Krise in der Gesellschaft. Da sind die, die bei voller Lohnfortzahlung entspannt vom Homeoffice aus, ihrer Tätigkeit weiter nachkommen können und Nachmittags die Krise in ihrem Gartenstuhl komplett ignorieren können, während ihre Kinder auf dem weitläufigen Gelände genügend Auslauf haben (also wir - nur ohne den Kinderteil). Und dann die anderen, die zu fünft auf 80 Quadratmetern ohne Job, bestenfalls mit Kurzarbeitergeld langsam den Verstand verlieren und inzwischen auch schon an der Qualität von RTL2 zweifeln (Geht doch!) und dann lieber zu Lügenkanälen wie dem russischen "RT-Deutsch" wechseln und sich dort noch viel schlimmer "vergiften" lassen.

Gut, der letzte Teil war jetzt zynisch (und weniger ironisch). Aber die von uns lange Zeit immer wieder verdrängten gesellschaftlichen Unterschiede und diese Trennung von ARM und REICH, sie wird gerade in diesen Tagen immer deutlicher. Nach Corona muss hier also etwas passieren. Was? Ich habe keine wirkliche Ahnung, aber möglicherweise gibt es einen Zusammenhang zwischen dem notwendigen Update für unsere Schulen, also der künftigen Ausbildung und den dafür notwendigen Maßnahmen und der bildungsmäßigen Abholung aller Schichten unserer Gesellschaft.

Ganz stark abhängig wird dies natürlich auch davon sein, ob alle diese Krise auch überstehen. Kommen alle wieder zurück in ihre Jobs oder ändern wir möglicherweise unsere Lebensverhältnisse in der Zeit "nach Corona" so stark ab, dass sich das gesellschaftliche Bild neu formieren muss. Werden wir nicht mehr so viel reisen (geht doch auch ohne, zuhause ist es auch sehr nett), weniger ausgehen (Restaurants und Kneipen sind doch überschätzt und teuer). So hilfreich das vielleicht auch für andere Bereiche (Weniger reisen - hilft der Umwelt), so massive Folgen hätte das für andere (derzeit ohnehin benachteiligte Servicebereiche), wenn wir weniger Hotels, Restaurants, Cafes und Urlaubsorte hätten. Persönlich glaube ich das allerdings nicht. Direkt nach der offiziellen "Ende der Corona-Krise" und der Öffnung der Grenzen weltweit, wird ein Reise-Boom ausbrechen, den es vorher noch nicht geben, TUI und Co dürfen sich jetzt schon die Hände reiben (wenn sie alle bis dahin durchhalten können).

Huch - schwerer Stoff. Schließen wir daher den Tag noch mit einer guten Nachricht ab (bevor ich dann doch noch zur "Schweden-Urlaubskatastrophe" komme): Unsere Umwelt profitiert einmal mehr von der Corona-Krise. Corona sorgt dafür, dass die Walfangsaison dieses Jahr ausfällt. Gut so. WALFLEISCH BRAUCHT KEIN MENSCH!!!!!!!!! (außer den Walfängern vielleicht und ein paar Japaner).

(Quelle: Aus Instagram - ZDF heute vom 25.04.2020)

Dann eine ganz wichtige Nachricht, für die Freunde der belgischen Pommes-Kultur: Damit dort nicht Tonnen von Kartoffeln verderben, soll man jetzt aus Solidarität zweimal die Woche Pommes futtern. Die Meldung bleibt sachlich im Dunkeln, da man Kartoffeln ja sicherlich auch noch für was anderes, als nur für Fritten verwenden kann. Aber lustig ist sie auf jeden Fall. Liefern die dann auch nach Hause?

(Quelle: aus Instagram - ZDF vom 25.04.2020)

Dann habe ich heute einen neuen Begriff gelernt (kommt sofort auf die "Begriffe" Seite):  BASISREPRODUKTIONSZAHL

(Quelle: aus Instagram - Tageschau vom 25.04.2020)

Dann noch kurz vor Ende des Tages die Headline der MOPO von gestern. Man versucht so wohl die ganzen Verschwörungstheoretiker und Alu-Hütchenträger zu kanalisieren. Aber was ist, wenn sich daraufhin noch viel mehr MOPO-Leser genau diese Frage stellen? Was ist, wenn es doch nur eine Grippe ist? Warum dann der ganze Terz?


Und dann ganz versteckt gestern in der LZ noch die Katastrophen-Meldung aus Schweden: Wird wohl doch nix mit Sommerurlaub im Corona-entspannten Schweden. Siehste! Hab ich doch gesagt. Die lagen da mit ihrem lockeren Umgang vielleicht doch nicht ganz so richtig? Oder sind es jetzt vielmehr die Deutschen, vorneweg unser Außen-Heiko, der hier abwimmelt? Warum auch immer er das tut!

LZ 25.04.2020




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