Tag 22

Langsam hängt man mich hier ab. Der Artikel "Niedersachsen konkretisiert Besuchsverbote für zu Hause" (LZ 04.04.20) sprach in der Tat sehr nebulös von Personen des "eigen Hausstandes". Besuche von außen sind nicht gestattet. Das hatte mich schon im Samstagsblog irritiert. War es nicht schon die ganzen drei Wochen so? Scheinbar nicht. Denn heute machte man den erste Rückzieher.

LZ 06.04.2020

"Nicht richtig durchdacht", "vielleicht doch zu streng". Ja, was denn nun? Haben wir eine Pandemie oder doch nicht? Oder doch nur ein wenig Pandemie? Und langsam wird mir auch klar, warum unsere Verwandten aus anderen Bundesländern erzählen, ihre Kinder seien bei den Nachbarkindern. Hä? Geht das? Vermutlich schon, denn wir haben definitiv keine einheitlichen Regelungen - und sogar manche Landräte machen ihre eigenen Regeln (auch wenn ich die "20 Quadratmeter-Regel für Supermärkte pro Person" nicht schlecht fand). Aber Alleingänge oder die Ausnahmen der Ausnahmen können keinen Bestand haben. So wird das nicht klappen. Wir brauchen eine zentrale Regelung. Einheitlich und gültig für alle. Keine Ausnahmen, keine Sonderwege, keine Alphatierchen, die es besonders gut machen wollen. Merkel reicht völlig. (Und nein: Das ist keine Rede für eine starke Frau an der Spitze - natürlich alles nur in Abstimmung mit den gewählten Vertretern). 

Diese Unsicherheiten sorgen nur dafür, dass wir früher aussteigen, als uns gut tut. Und ich glaube, genau auf dem Weg sind wir. Schon jetzt beschwert sich der Lüneburger Arbeitgeberverband im Namen der Besitzer von "Autowaschstraßen", dass hier nicht das richtige Augenmaß gewahrt sei (LZ 06.04.20 - Seite 3) - warum dürfen Baumärkte aufmachen und Waschstraßen nicht. Da fragt man sich doch schon, womit sich die Menschen sonst noch so beschäftigen. Hat die Frage wirklich Relevanz? Im Vergleich wohl kaum. Aber in der Prognose sicherlich. Denn diese Frage stellen sich dann bald auch andere Unternehmer, die ihre Geschäfte noch geschlossen halten müssen - und damit jeden Tag Geld verlieren. Auf der anderen Seite sind aber auch jeden Tag noch Handwerker und Transporter unterwegs und arbeiten. Die fahren zu zweit und kommen mit anderen Leuten in Berührung. Gelten dort andere Regeln oder sind die wirklich alle systemrelevant? Na klar: die Klos müssen spülen, die Küche muss laufen. Sicherlich. Aber müssen auch alle Bauunternehmen arbeiten? Und von den 40.000 eingeflogenen ("Die rumänische Regierung hat zugestimmt") Erntehelfern möchte ich gar nicht reden. Auch nicht ok. 

LZ 06.04.2020 - für mich: kein Spargel dieses Jahr

Aber wie gesagt: wenn sich jetzt schon die Waschstraßenbesitzer mittels des Arbeitgeberverbandes beschweren - wer kommt dann als nächstes? Und das vielleicht sogar zu Recht (Gleichbehandlungsgrundsatz).

Dabei sind sogar 20 % der befragten Bürger laut ZDF-Politbarometer der Meinung, dass die Regelungen sogar noch härter werden sollten. Aber die Befragung stammte vom 27.03.20. - also nach knapp zwei Wochen Einschränkungen des persönlichen und öffentlichen Lebens. 


Aber angesichts der Unsicherheit, die heute aus Niedersachsen gezeigt wurde (siehe Artikel) spricht eher vieles dafür, dass sich diese Einschätzung so langsam ändert. Und der Kniefall bezüglich der doch wieder zu öffnenden Baumärkte (dafür bin ich übrigens sehr dankbar) macht das auch nicht leichter.

Gestern wollte ich noch einen Blog "Tag 50 - 04.05.2020 - eine Vision" schreiben und dort die Eskalation hin zu noch härteren Regelungen schildern. Niemand darf mehr raus - außer zum nachweislichen Einkauf. Keine Familienmitglieder mehr zu Besuch. Selbst Nachbarschafts-Talks über den Zaun seien zu unterlassen und Spaziergänge müssten massiv eingeschränkt werden (alles mit Kontrollen - Handy). Schulen sollten bis zu den Sommerferien zu haben und Geschäfte - egal welche - dürfen bis Juli nicht mehr öffnen. Nur nachweislich systemrelevante Unternehmen dürfen noch die Beschäftigung aufrecht erhalten. Würden diese verschärften - unter Strafe gesetzten - Maßnahmen auch noch in der Bevölkerung akzeptiert werden? Seit heute morgen denke ich: NEIN.

Fragt das Barometer nach Ostern nochmal nach (was sie sicherlich tun werden), dann könnte die Zahl sich anders darstellen. Dann sind sicherlich 40 % bei "übertrieben" und höchstens noch 5 % bei "noch härter". Die Front würde dann bröckeln. 

Und daher meine ich: ab dem 14. April beginnt der Exit.

In der LZ philosophiert ein Zukunftsforscher (Andreas Steinle) darüber, das "Jede Krise ....auch eine Entwicklung" anstößt. Es läge dabei nur an uns, ob es eine dunkle oder glänzende Seite wird, die da angestoßen wird. Ja. Nicht schlecht. Das haben wir jetzt in den letzten Tagen schon öfters gehört. Und spurlos kann und wird dieses Jahrhundertereignis (jedenfalls bis jetzt in diesem Jahrhundert - wer weiß, was da noch kommt) unmöglich an allen vorbei gehen. Und sei es nur in den kommenden Digitalisierungsstrategien. Hierbei betont er übrigens, dass wir Menschen (hier wird nicht nach Männern differenziert) nicht zum Multitasking geeignet sind - genauer wird das aber leider nicht ausgeführt. (LZ 06.04.2020 - "Es geht mehr, als wir dachten" - Seite 6).

Aber die Kunst der "Zukunftsforscher" sollte darin liegen, jetzt schon zu artikulieren, in welchem Land genau was sich wie verändern wird. Vor allem in den wirklich gebeutelten Ländern (zu denen wir hoffentlich nicht gehören werden - wenn wir noch ein wenig durchhalten), wie z.B. Spanien mit jetzt schon 12.418 Toten. Werden die etwas ableiten können für ihr Gesundheitssystem? Oder Brasilien, wo führende Politiker immer noch von einem "Grippchen" reden. Begehen die den selben Fehler, wie 1918? Allerdings ist das Virus da noch nicht richtig angekommen. Hoffentlich haben die dort Glück  - vor allem in diesen furchtbaren und engen Favelas. (LZ von heute - Blickpunkt - Seite 14).

Und interessant auch, wie wenig die Menschen von der - in den täglichen Medien doch irgendwie - fehlenden politischen Auseinandersetzung betroffen sind. Das ständige Gefasel der Selbstdarsteller (die trotzdem bemüht sind, mal hin und wieder was zu sagen  - vielleicht außer den Grünen im Bundesvorstand, die brav zu Hause bleiben und nur gelegentlich mal twittern) scheint niemand wirklich zu vermissen. Im Gegenteil. Zum Beispiel der Richtungsstreit der AfD Deppen um ihren "Flügel". Völlig bedeutungslos.Vielleicht sogar gut für Meuthen und Co., dass derzeit niemand deren eigene Demontage mitbekommt.

Man schüttelt nur täglich den Kopf über die "halbstarken alten Männer" in der Welt, die ihre Dummheiten zu Corona verbreiten. Aber mehr möchte man gar nicht mehr wahrnehmen. Ein angenehmer Effekt, der aber auch keinen Bestand nach Corona behalten darf. Denn unsere Demokratie lebt von dieser Auseinandersetzung. Ich selber habe auch schon seit über drei Wochen nicht mehr in den Sitzungskalender unserer Samtgemeinde gesehen oder die Mails genauer betrachtet. Das werde ich aber ändern.

Denn: seit heute Abend habe ich eine Woche Urlaub. Ich glaube, ich mach es mir zu Hause gemütlich - und werde sicherlich etwas finden, was sich hier neu strukturieren, sortieren, renovieren oder sonstwie verändern lässt. Ich glaube, Christina fürchtet schon etwas die Zeit meiner Rente....

LZ vom 06.04.2020 über den Samstag

Ach ja, nochmal zu den Baumärkten: So, wie oben dargestellt, habe ich das am Samstag nicht wahrgenommen. Aber ich war ja auch am Nachmittag da. Also gilt auch hier: jede Krise ist nur so spektakulär, wie die Uhrzeit, zu der man an ihr teilnimmt.

04.04.2020 - und ich war das  Ende der Schlange

Boris Johnson ist im Krankenhaus gelandet. Ich wünsche ihm natürlich nur das Beste - aber eine gewisse Ironie steckt schon in der Nachricht (Stichwort "Herdenimmunisierung").

LZ 06.04.2020


Und wie immer zum Schluss: Die Statistik



Kommentare