Tag 49 - Sonntag

War es das jetzt?



Nun, der "Stern" hat letzten Donnerstag schon ein (erstes) Sonderheft raus gebracht. "Die Bilder der Krise". Wenn das nicht ein eindeutiges Signal ist. So was kommt doch immer erst dann, wenn alles gelaufen ist. Oder?

"Stern"-Sonderheft vom 27.04.2020

Nein, ganz bestimmt noch nicht. Wenn an der Virus-Geschichte wirklich was dran ist (was ich nicht bezweifle) dann war es das noch lange nicht. Aber es gab - und das wird vielleicht derzeit schon wieder vergessen - ein Primärziel, vor bald acht Wochen, als das alles anfing: Unser Gesundheitssystem sollte nicht an seine Grenzen gebracht werden. Und dazu gehörte ganz sicher auch, dass Ärzten und Pflegekräften die Entscheidung gerade nicht aufgezwungen werden sollte, wer leben darf und wer sterben muss. Eine Situation in der vermutlich italienische Krankenhäuser waren. Der wirtschaftliche, tatsächliche aber auch moralische Kollaps sollte also verhindert werden. Und (Das "Titanic-Dilemma") das scheint ja auch geklappt zu haben (auch wenn viele Krankenhäuser jetzt "jammern" durch die ganzen ausgesetzten Operationen immens viel Geld verloren zu haben). 

Jedoch beginnt jetzt wohl eine ganz andere Angst um sich zu greifen: pure Existenzangst. (siehe auch: https://www.deutschlandfunk.de/coronakrise-die-existenzangst-vieler-menschen-wird-immer.694.de.mhtml?dram:article_id=475886).

Es gibt und gab wohl sehr unterschiedliche Sichten auf die letzten Wochen. Für viele Menschen - wie für Christina und mich - war dieses neue Gefühl der Entschleunigung und Zentralisierung auf zu Hause etwas unerwartet angenehmes und stabilisierendes. Das Gefühl, mal nicht irgendwo hin zu müssen, hatte was. Die Chance daraus etwas für sich abzuleiten übergroß.

Für andere war es dagegen der pure Horror. Sei es aus den tatsächlichen Gründen der Isolation auf engsten Raum, dem Gefühl sich gerade nicht in den altbekannten Wegen austoben zu dürfen und sicherlich auch wegen dem ungewohnten engsten Zusammenschluss mit Familienmitgliedern, der völlig neue Konflikte offenbarte. Aber es gab eben auch diejenigen, für die diese Wochen des Shutdowns ganz banale wirtschaftliche Probleme erzeugten: Wie bezahle ich jetzt die Rechnungen? Haushalte, die kurz auf knapp kalkulieren müssen, mit drei Jobs, für die jede Unterbrechung des alltäglichen zum Zusammenbruch führen könnte. Und wenn zu diesen Zukunftsängsten noch Überforderungen mit der Situation, dem Nachwuchs und den alltäglichen Herausforderungen dazu kommen,  dann kann das durchaus zur "Existenzangst" werden.  

Davon waren Christina und ich hier verschont. Wir nutzen die Wochen (sofern das Homeoffice und die Schule dazu Zeit ließen) und fühlten uns gemeinsam und zu Hause wohl. Heute zum Beispiel räumte Christina ihren "begehbaren" Kleiderschrank im Heizungsraum auf und wir entsorgten gleichzeitig Unmengen an (mürber oder völlig veralteter) Bettwäsche. Ja - Luxusthemen und eine bevorzugte Sicht auf diese Wochen. Ungeachtet werden aber auch wir die Auswirkungen des Shutdowns spüren. Sicherlich auch finanziell, auch wenn es bedeutungslos ist, im Vergleich zu den oben genannten wirklich ernsten Fällen. Aber Ende März habe ich immerhin 17.000 Euro in meinen Aktieninvestitionen verloren. Nun ist mir und uns das egal - das kommt wieder und das sicherlich schneller, als wir denken. Und dem stehen auch die Ersparnisse im Haushalt insgesamt entgegen. Aber wir sind ja nur ein kleiner Aspekt in dem Großen und Ganzen. Überträgt man das auf uns alle, dann ist schon klar, dass jetzt langsam aber sicher europaweit, der Shutdown zurückgefahren wird - zurückgefahren werden muss. Überall zwar - wie immer in den letzten 7 Wochen - mit sehr unterschiedlichen Vorgehensweisen, so dass wieder mal alles für den Einzelnen mehr als unklar sein dürfte. Aber: Es geht zu Ende. 

Nicht aber das Virus. Das bleibt uns. Und zwar noch so lange, bis es ein Mittel dagegen geben wird. 

Und bis dahin?

Bis dahin bleiben uns die Masken, die notwendige Distanz und die bange Frage, ob da vielleicht nicht doch nochmal was kommt. 


Werden wir noch einige Zeit haben (also die Maske - nicht das hier Missverständnisse entstehen)

Werden wir so schnell nicht wiedersehen - Höchstens an Sonntagen

Und sicherlich wird auch die Thematik in den nächsten Wochen etwas in ihrer Gewichtung zurückgenommen werden. Nicht sofort, dafür ist das Thema noch zu virulent (wenn das Wortspiel erlaubt ist). Manche werden vermutlich den Sender wechseln und sich lieber einen Film auf RTL ansehen, als eine Podiumsdiskussion mit den führenden Virologen der Republik, andere werden Corona gar nicht mehr auf ihrem persönlichen Schirm haben. Wir werden - manche verunsichert - auf diese Zeit schauen und sie mit fortschreitender Zeit völlig anders sehen. Schon sehr bald werden auch die Restaurants wieder öffnen, dann die Hotels, die Firmen werden wieder öffnen und die Autos wieder rollen. Die Pendler warten auf den Bahnhöfen und Masken werden nur noch von den ganz Sicherheitsbedürftigen getragen. Und die Geschäfte bauen die Plastikfolienabgrenzung an ihren Theken wieder ab und die verkaufsoffenen Sonntage bei Media-Markt werden wieder für den  Kauf des größten aller Bildschirme genutzt, um das "Dschungel-Camp" in 3D oder HD zu genießen ("wie blöd muss man sein, sich wochenlang einsperren zu lassen und KEIN Klopapier zu haben?"). Und schon gar nicht mehr lange und die erste Buchung für den beliebten Urlaub auf Malle wird wieder möglich sein.

Also alles, wie gehabt? Mal sehen.

Und wann das sein wird? Keine Ahnung. Eigentlich weiß ich noch nicht mal, wann ich diesen Blog beenden soll. Eigentlich dachte ich in meiner Naivität, dass es einen gemeinsamen, weltweiten "Neustart" zu einem Stichtag geben wird (der dann als "Welt-Neustart" jährlich gefeiert wird). Also bleibe ich mit dem Blog noch einige Zeit am Start. Denn auf jeden Fall wird das noch NICHT MORGEN der Fall sein.

Aber auf eine Sache würde ich gerne in die Nach-Corona-Zeit hinüberretten. Und das ist der aktuelle Benzin-/Dieselpreis. Keine Ahnung, ob das durch den Streit der Saudis (Öl) mit den Russen (Erdgas) zustande gekommen ist oder ob das eine Folge der geringen Nachfragen in den letzten sieben Wochen gewesen ist, weil niemand mehr Auto fuhr (Deflation statt Inflation). Ist mir auch egal - der Preis passt mir gut UND soll so bleiben!!!! (kein Vergleich zum Preis einer Gallone in den USA/Texas mit 99 US-Cent im Jahr 1996 - aber auch schon nicht schlecht):

03.05.2020 - 0,99 Euro für den Liter 

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